Jazzkalender #345

Let’s talk about Jazz… und Stimmen

Jazzkalender Dezember/ Januar
Jazzkalender Dezember/ Januar

Das war im Jahr 1996. Der deutsche Bundeskanzler hieß damals Helmut Kohl, und die Chartstürmer jener Zeit trugen fragwürdige Namen wie DJ Bobo oder Ace Of Base. Kein Wunder also, dass Barlow im Angesicht dieser trüben Gegenwart von einer umso verheißungsvolleren Zukunft träumte. Im von ihm mitinitiierten World Wide Web sah er ein emanzipatorisches Projekt. Einen Resonanzraum lauter wie gleichermaßen leiser Stimmen.

Heute, 30 Jahre danach, ist der naive Techno-Libertarismus von einst längst zu einer Fußnote der Geschichte, und das Internet in Teilen zu einer virtuellen Müllhalde geworden. Und doch: Die Idee der freien Entfaltung aller bleibt ungebrochen, und sucht sich im Kleinen wie Großen beständig neue Wege und Ausdrucksformen. 

So etwa im aktuellen Projekt »Stimmen« des Eva Klesse Quartetts. Darin versammelt die Band um die Leipziger Schlagzeugerin Perspektiven, die im lauten Getümmel der Welt oft unbeachtet bleiben. Als »Vielfalt von Stimmen in jeglicher Hinsicht« bezeichnete Klesse den künstlerischen Ansatz kürzlich im Interview für unseren »Laut und Leipzig«-Blog.

Zugleich ist das Album weit mehr als ein gesellschaftspolitisches Statement. Wer die insgesamt 13 Stücke hört, merkt schnell: Hier treffen sechs herausragende Musiker:innen aufeinander, die nicht nur ein ähnlicher Wertekompass, sondern auch und vor allem die Lust am gemeinsamen Musizieren verbindet. Und so ist es uns eine große Freude, dass Klesse – die Gewinnerin des Deutschen Jazzpreises 2025 – zusammen mit ihrer Band unserer Einladung gefolgt ist: Am 5.12. spielt das Quartett in Septett-Besetzung gleich zwei Jazzclub-Konzerte im Theaterhaus Schille.

Doch auch danach ist keiner gezwungen, in einen Winterschlaf zu fallen: Das alljährliche advenzz benefizz jazz lädt dieses Jahr am 18.12. in der Neuen Musik Leipzig zum Klassentreffen der Leipziger Jazz-Schickeria ein. Mit von der Partie sind unter anderem das Lucas Rauch Organ Trio und der Pianist Johannes Wasikowski. Wer dann des Advents noch nicht überdrüssig ist, kann einen Tag später – am 19.12. – im Laden auf Zeit vorbeischauen: Dort wird es nicht nur Glühwein und Lebkuchen, sondern auch Improvisationsperformances in wechselnden Konstellationen geben. 

Und auch das neue Jahr lässt uns nicht viel Verschnaufpause: Am 17.01. gastiert die Leipziger Musikerin Marina Schlagintweit mitsamt ihres Ensembles im Kulturhof Gohlis. Wer die Formation bereits im Rahmen der 48. Leipziger Jazztage im vergangenen Jahr erlebt hat, weiß: Die Gewinnerin des diesjährigen Jutta-Hupp-Preises liebt das musikalisch riskante Manöver, statt altbekannte Pfade zu beschreiten. Knapp zwei Wochen darauf – am 30. Und 31. Januar – präsentiert die HMT Big Band an zwei aufeinander folgenden Abenden im Theaterhaus Schille ihr aktuelles Programm. Und wem all das noch nicht reicht: Nach wie vor findet jeden Dienstag unsere HMT-Stage-Night in der koko café-bar statt.

Doch bevor ich mir jetzt einen Spoiler-Vorwurf einhandle, beschließe ich das Editorial und damit auch dieses Jazzkalender-Jahr mit einem obligatorischen: Frohe Lektüre!

Bis bald!

Luca

Jazzkalender-Redaktion

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