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19.9.2011

Danke!

Zehn Tage, neun Spielstätten und 109 Musiker aus 13 verschiedenen Ländern – das waren die 35. Leipziger Jazztage, die sich diesmal „Zwischen Mahler und Miles“ bewegten. Rundum zufrieden blicken wir zurück auf große musikalische Momente und volle Konzertsäle.

Wir danken herzlich unseren Künstlern, Kooperationspartnern, Förderern und Mitarbeitern, die wesentlich zum Erfolg der Jazztage beigetragen haben. Besonderer Dank gilt außerdem unserem neugierigen und begeisterungsfähigen Publikum – was wären wir ohne Euch.

Wir freuen uns aufs nächste Jahr!

35. Leipziger Jazztage 9. – 18. September 2011

"Zwischen Mahler und Miles"
Zwei herausragende Gedenktage bildeten den diesjährigen Festivalrahmen – der 100. Todestag Gustav Mahlers am 18. Mai und der 20. Todestag von Miles Davis am 28. September. Warum denn Gustav Mahler zu den Jazztagen? – so die häufig gestellte Frage. Dass ein Miles Davis für den Jazz von zentraler Bedeutung ist, bezweifelt keiner; doch Mahler – was hat Mahler mit Jazz zu tun? Offenbar nichts. Wir kehrten also die Frage um: Was hat der Jazz mit Mahler zu tun? Zunehmend mehr.
Das zeigte vor allem der zweite Opernhausabend am 16. September, der den Titel "Hommage an Mahler" trug, und das Abschlusskonzert am 18. September mit Michael Wollnys Bearbeitung der Mahler’schen Kindertotenliedern für Piano, Electronics und Klarinette. Doch es gibt auch Jazzmusiker, die stark von Mahler geprägt sind, ohne dies je eigens thematisiert zu haben, auch nicht aus jubilarischem Anlass. Da wäre etwa der norwegische Gitarrist und Komponist Terje Rypdal: ein Urgestein der skandinavischen Jazzszene und neben seinem frühen Mitstreiter Jan Garbarek eines der prominentesten Aushängeschilder des ecm-Labels. Die Nähe zu Mahler indes bekundet sich nicht so sehr in einem speziellen Projekt als vielmehr in jenem elegischen Grundton – wie man ihn kennt vom Mahler der großen Adagios. Seine eigens für die Leipziger Jazztage komponierte "Hommage an Mahler" konnte aufgrund der schweren Erkrankung seines Bandkollegen Palle Mikkelborgs leider nicht uraufgeführt werden. Die Absage seines Auftritts war schwer zu kompensieren. Umso erstaunlicher war der Auftritt von Kontrabassist Pepe Berns mit seinem Trio, der sich kurzfristig als Ersatz anbot. In Anlehnung an das Adagio aus Gustav Mahlers 5. Sinfonie stellte auch er die Gitarre ins Zentrum seiner Komposition (Gitarre: Werner Neumann, Schlagzeug: Heinrich Köbberling)- und erhielt begeisterten Zuspruch des Publikums. Es folgte eine kammermusikalische Bearbeitung von Mahlers "Liedern eines fahrenden Gesellen" des Trios So Weiss, unterstützt von Carsten Daerr und der erstmalige gemeinsame und viel umjubelte Auftritt von Lars Danielsson (Cello, Kontrabass), Magnus Öström (Schlagzeug) und Yaron Herman (Piano), die das Spannungsverhältnis von Klassik und Jazz neu ausloteten.
Ein Pianist, der die Jazzwelt schon länger in Atem hält, ist Brad Mehldau. Wenn irgendeiner die Spätromantik geradezu inhaliert hat, dann er. Im ausverkauften Opernhaus spielte er ein Solokonzert vor gebannt lauschendem Publikum. Doch Mahler ist mehr als Spätromantik; er markiert das Ende der klassischen Form und den Übergang zur Moderne. Nicht von ungefähr berufen sich auf ihn auch die drei großen Namen der Zweiten Wiener Schule: Schönberg, Webern und Berg. Es versteht sich also von selbst, dass auch die Neue Musik vertreten war: in der Reformierten Kirche durch Kompositionen von Volker Bräutigam, durch dessen gesamtes Schaffen sich die Neue Musik wie ein roter Faden zieht –  in der Oper durch das in diesem Jahr eingespielte Divertimento für Tenorsaxofon und kleines Ensemble von Carl Oesterhelt. Soulsängerin Malia ließ mit ihrer umarmenden Stimme die Opernabende mit Liedern von Nina Simone sanft ausklingen.
Steht Gustav Mahler an der Schwelle zur Neuen Musik, so überschreitet Miles Davis die Schwelle vom Jazz zum Rock. Es ist dies nicht der einzige Entwicklungsimpuls, den der Jazz diesem Proteus verdankt, aber der folgenschwerste. Ein großer Geburtstag müsste vielleicht das gesamte Schaffen beleuchten, der 20. Todestag durfte sich beschränken: auf Cool und Modaljazz und zweite elektrische Phase. Die ersteren beiden sind hierbei eng miteinander verzahnt, denn seine wirkliche Blüte erlebte der Cool Jazz erst Ende der 50er Jahre, zeitgleich zum Hard Bop; in dieselbe Zeit fällt das entscheidende Album des modalen Jazz, Kind of Blue.
Der Musik und inspiratorischen Wirkung von Davis‘ Kollegen, Arrangeur und Bigbandleiter Gil Evans galt das Konzert der Spielvereinigung Sued, zusammen mit Gasttrompeter Frederik Köster. Sie zeigten die Entwicklungen des Bigband-Jazz auf, der bis heute stark von Davis und Evans beeinflusst ist. Einen ‚Rück-blick voraus‘ auf den Klassiker Kind of Blue warf das Quintett eines anderen großen deutschen Trompeters: Martin Auer. Die späte elektrische Phase beleuchtete ein Mann, der sie selbst an der Seite von Davis maßgeblich mitbestimmt hat: der Keyboarder Adam Holzman. Einen Vorgeschmack darauf gab in der Moritzbastei die Dresdner All-Star-Band Code M.D. um Keyboarder Andreas Gundlach und E-Bassisten Tom Götze – sicherheitshalber um einen Tag vorverlegt; denn als ‚Vorspeise‘ war ihre Kost zu gehaltvoll.
Das ausverkaufte Mittwochskonzert im UT Connewitz gehörte dafür einer vierköpfigen Band aus Großbritannien, die sich bescheiden ‚Orchester‘ nennt – verborgenes Orchester: denn zweifaches Schlagzeug, Keyboards, Violine, E-Bass und Samples bergen durchaus orchestrale Potenzen. Der Sound dieses Hidden Orchestra ist zwar jüngeren Datums, enthält aber vieles, das letztlich zurückgeht auf die frühe elektrische Phase eines Miles Davis. Im aktuellen Programm markierte er die Schnittstelle zwischen Rock Jazz und Electronics. Die letzteren machten wieder den Auftakt, in diesem Jahr mit dem Duo Masayoshi Fujita / Jan Jelinek (UT Connewitz) und in der Jazzelectric Night. Die gut besuchte Clubstrecke im Vorfeld der drei Opernabende hat sich als reizvoll besonders für jüngeres Publikum erwiesen. Die Jazzelectric Night hat sich in den letzten drei Jahren als fester Bestandteil der Jazztage etabliert, in dem jazzverwandte, tanzbare Musik und DJ Live-Sets präsentiert werden. Die krankheitsbedingte Absage von Dave Aju aus San Francisco konnte ausgeglichen werden mit dem Geschwister-Duo Hundreds aus Hamburg, die mit Gesang, Piano und Synthesizern eine einzigartige, stimmungsvolle Atmosphäre in die Halle D des Werk 2 zauberten. Nach ihnen sorgten Klinke auf Cinch und Âme für eine volle Tanzfläche.
Heiß und bis auf den letzten Stehplatz belegt, ging es auch bei Niklas Kraft im Horns Erben zu. Sein wundersam sorgloser Jazz, der alle Nöte hinwegfegt, euphorisierte die Zuschauer und hätte Miles sicher gefallen.
Was er schon weniger mochte, war Free Jazz (obschon der Name SoKo Steidle eher nach Law’n’Order Jazz klingt). Aber es war nun mal die neuste Musik (damals), also gab er sich Mühe. Eher nach seinem Geschmack wäre wohl jener ‚Zeitgenössische Krach-Jazz‘, der da in Polen das Treiben verrückt macht und dieses Jahr zu später Stunde das Publikum in der naTo kräftig aufwühlte, das Contemporary Noise Sextet.
Zwingend zu den Jazztagen gehört traditionell der Jazz für Kinder – diesmal wieder mit Jorinde Jelen & Band, verstärkt von Kinderkanal-Moderator Juri Tetzlaff. Das voll besetzte Parkett fieberte eifrig mit bei ihrer abenteuerlichen Weltreise an die vielen Küsten des Jazz.
Der konzeptionelle Ansatz der 35. Leipziger Jazztage – den Spuren von zwei der bedeutendsten musikalischen Wegbereiter in der Jazzszene von heute nachzugehen – fand bei Zuschauern und Presse eine durchweg positive Resonanz. Der MDR lobte die "ambitionierte, mutige und ebenso erfolgreiche Programmgestaltung" der Leipziger Jazztage und auch die Leipziger Volkszeitung resümierte: "… der Jazzclub Leipzig hat mit "Zwischen Mahler und Miles" ein hervorragendes Programm auf die Beine gestellt."

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